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THOMAS

LAUBER

Der Versuch, das Unkontrollierbare zu kontrollieren: wie Führungskräfte ihre Energie dort eisetzen, wo sie wirklich Wirkung entfalten

  • Autorenbild: Thomas Lauber
    Thomas Lauber
  • 13. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit
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Vielleicht kennst Du das: Du stehst auf dem Weg ins Büro im Stau, wartest auf eine verspätete Zugverbindung oder bist mit Deinen Gedanken bereits bei Deiner stets gut gefüllten Mailbox. Noch bevor der Tag richtig begonnen hat, hast Du bereits Energie an Dinge verloren, die völlig ausserhalb Deines Einflusses liegen. Nicht, weil Du zu wenig arbeitest, sondern weil Du versuchst, das Unkontrollierbare zu kontrollieren.


Genau hier liegt der Kern vieler Führungsprobleme. Wir investieren mentale Kraft in das, was uns beschäftigt, statt in das, was wir tatsächlich bewegen können. Stephen Covey hat diese Dynamik mit einem einfachen, aber genialen Modell beschrieben: den drei Kreisen des Einflusses. Wer diese drei Ebenen versteht, erkennt schnell, dass wirkungsvolle Führung kein Zufall ist, sondern das Resultat bewusster Fokussierung und Entscheidungen.


Der äussere Kreis: Circle of Concern, das Rauschen der Welt

Der Circle of Concern steht für all das, was uns beschäftigt, aber nicht in unserer Hand liegt: Märkte, Politik, Konkurrenz, Wirtschaftslage, Social Media oder das Verhalten anderer Menschen. Dieser Kreis umfasst Themen, über die wir zwar nachdenken oder sprechen können, die wir aber nicht direkt beeinflussen können.


Im Alltag von Führungskräften zeigt sich dieser Kreis besonders deutlich:

  • Der CFO verzweifelt an die sich verändernden Zinslandschaft.

  • Die HR-Leiterin ärgert sich über Fachkräftemangel und Generation Z.

  • Der CEO sorgt sich über die regulatorischen Veränderungen.


All das mag verständlich und nachvollziehbar sein, aber es ist unproduktiv, wenn daraus Dauerstress entsteht. Sorgen über das, was ausserhalb unseres Einflusses liegt, lähmen und bindet unnötig Energie. Sie erzeugen das Gefühl, getrieben zu sein, statt zu führen.

Ein Tennisspieler kann den Wind, die Sonne oder den Gegner auch nicht beeinflussen. Wenn er sich über jeden ungünstigen Aufprall des Balls oder die Zurufe aus dem Publikum aufregt, verliert er Konzentration. Wer hingegen akzeptiert, was ausserhalb seiner Kontrolle liegt, behält den Fokus auf das Wesentliche: seine Technik, seine Taktik und seine mentale Stärke.


Fazit: Wer zu viel Zeit im Circle of Concern verbringt, trainiert nicht seine Kontrolle, sondern seine Ohnmacht.


Der mittlere Kreis: Circle of Influence, wo Wirkung beginnt

Im Circle of Influence verschiebt sich die Perspektive. Wir haben zwar keine Kontrolle über alle Rahmenbedingungen, können aber Einfluss nehmen durch Verhalten, Kommunikation, Haltung und Entscheidungen.


Eine Abteilungsleiterin kann die Firmenpolitik nicht ändern. Aber sie kann Einfluss nehmen, indem sie ihre Erwartungen an die Mitarbeitenden klar formuliert, Konflikte frühzeitig anspricht und eine klare, respektvolle Kommunikation vorlebt. Sie gestaltet damit die Kultur im eigenen Umfeld und verändert mehr, als sie zunächst denkt.


Das ist die Zone, in der wirksam geführt wird: durch bewusstes und vorbildliches Handeln und durch Verlässlichkeit. Sie kann den Ausgang nicht erzwingen, aber sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich ihr Einfluss positiv auswirkt.


Ein Fussballtrainer kann das Ergebnis eines Spiels nicht direkt kontrollieren. Aber er kann beeinflussen, wie gut das Team vorbereitet ist, wie es auf Rückschläge reagiert und wie es in Drucksituationen zusammenhält. Sein Einfluss wächst, wenn er seine Energie auf diese Faktoren konzentriert, statt sich beispielsweise über den Schiedsrichter aufzuregen.


Fazit: Einfluss bedeutet nicht Kontrolle, aber es bedeutet Verantwortung für das, was wir aktiv gestalten können.


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Der innere Kreis: Circle of Control, die wahre Stärke

Im Zentrum steht, was Covey den Circle of Control nennt: das, was wir tatsächlich steuern können. Unsere Gedanken, unsere Reaktionen, unser Verhalten, unsere Haltung.


Eine Führungskraft kann nicht verhindern, dass ein Projekt scheitert. Aber sie kann entscheiden, wie sie selbst mit dem Misserfolg umgeht. Sie zieht klare Lehren, bleibt ruhig, sucht das Gespräch mit dem Team und richtet den Blick nach vorn. Ihr Fokus liegt dabei auf der eigenen Haltung und inneren Steuerung. Genau das unterscheidet den Circle of Control vom Circle of Influence, denn hier steht bewusste Selbstführung im Zentrum.


Ein Marathonläufer kann den Streckenverlauf oder die Konkurrenz nicht verändern. Aber er kann kontrollieren, wie er sich mental auf die schwierigen Kilometer vorbereitet, wie er sich ernährt, wie er seine Energie einteilt. Genau diese bewusste Selbststeuerung macht am Ende den Unterschied, im Rennen wie im Berufsleben.


Fazit:Wer sich selbst führt, führt andere besser.


Die Dynamik zwischen den Kreisen

Covey betont, dass sich der Circle of Influence automatisch erweitert, wenn wir uns auf unseren Circle of Control konzentrieren. Umgekehrt gilt: Wer ständig über Dinge jammert, die er nicht ändern kann, verkleinert ihn.


Diese Logik ist verblüffend einfach und doch so selten gelebt. Viele Führungskräfte hängen fest im äusseren Kreis, besorgt, überlastet, ständig am reagieren auf äussere Umstände. Dabei liegt der Schlüssel zur Wirksamkeit im Innersten: in der Fähigkeit, sich selbst zu steuern.


Ein persönlicher Denkanstoss

Frag Dich selbst: Wie viel Deiner Energie fliesst täglich in Dinge, die Du nicht kontrollieren kannst?Wie oft reagierst Du statt zu agieren? Und was würde passieren, wenn Du diese Energie gezielt in Deinen Circle of Control verschiebst, in Deine Haltung, Deine Kommunikation, Deine Entscheidungen?


Oder, um es mit Covey zu sagen: „Proaktive Menschen konzentrieren sich auf das, was sie beeinflussen können. Reaktive Menschen auf das, was sie beklagen.“H

 
 
 

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